Rückblick Fachtagung 2024
Mit Blick in die Zukunft der Grünen Branche

Gruppenfoto der Referentinnen und Referenten der Fachtagung Gartenbau 2024.Zoombild vorhanden

© AELF Abensberg-Landshut

Am 20. Februar 2024 fand in der Aula des Agrarbildungszentrums Landshut-Schönbrunn eine wegweisende Veranstaltung für die grüne Branche statt. Organisiert von der Gartenbauabteilung und dem Ehemaligenverband Schönbrunn-Weihenstephan e.V., zog die Fachtagung Gartenbau Experten und Interessierte gleichermaßen an.

Unter der Leitung von Rainer Petzi, dem stellvertretenden Abteilungsleiter, und Andrea Prankl, Marketingberaterin der Gartenbauabteilung, stand die Tagung im Zeichen der Herausforderungen und Entwicklungen im Gartenbau. So fasste Petzi zusammen: "In Zeiten hoher Zinsen sind Betriebsentwicklung und Investitionen schwierig, daher steht der Fokus heute klar auf den Entwicklungsmöglichkeiten von Gartenbaubetrieben."

Innovative Ansätze und nachhaltige Lösungen

Die Fachvorträge deckten Themen ab von nachhaltiger Schädlingsbekämpfung, neuer Vermarktungswege, Mitarbeitergewinnung und -bindung bis hin zur digitalen Transformation in der Gartenbranche.

Nachhaltigkeit im Fokus: Effektive Schädlingsbekämpfung und Außendarstellung mit Nützlingen

Wolfgang Ahlvers, Erzeugerring für Blumen und Zierpflanzen Bayern Süd e. V., referierte zu "Natürlich mit Nützlingen – kleine Helfer für eine nachhaltige Produktion". Es ging um rechtliche Neuerungen und Aussichten. Weiter kommentierte Ahlvers die fehlende Mehrheit für die SUR-EU-Verordnung, die eine Pestizidreduktion von 50 % vorsieht: "Die Gärtner haben nochmal mehr Zeit gewonnen.“ Welche Verfahren zur Bekämpfung neuer Schädlinge wie der Marmorierten Baumwanze kommen sollen und dass durch Blühstreifen oder Containerkulturen entsprechende Nützlinge wie Schwebfliege und Florfliege angelockt und etabliert werden können.

Rut Alker vom Bayerischen Gärtnerei-Verband e. V. ermutigte die Zuschauer, ihre Außendarstellung mithilfe des neuen Logos „Natürlich mit Nützlingen“ und eines entsprechenden Imagevideos zu fördern. Ganz nach dem Motto „tue Gutes und rede darüber“.

Künstliche Intelligenz im Gartenbau

"ChatGPT für die gärtnerische Praxis – grüne Daumen und digitale Helfer" lautete der Vortrag von Thomas Lohrer, Dipl.-Ing. agr. an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er führte durch die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI), die Entwicklung und Chancen, aber auch Grenzen für den Gartenbau. Besonders im Bereich Marketing, Social Media, Einladungen oder Stellenausschreibungen kann eine KI hilfreich und unterstützend genutzt werden. Wobei Lohrer auch klar machte: "Ohne Daten läuft in der KI gar nichts". Solle heißen: Die Maschine sei nur so schlau, wie sie es gelernt habe. Das Beispiel einer Diagnose von Pflanzenpathogenen auf Bildern zeigte deutlich die Grenzen der Technik auf.

Attraktiver Arbeitgeber werden

"Wie kann ich ein attraktiver Arbeitgeber werden? Mitarbeiter finden und binden!" titelte Erwin Germann von GERMANN Vertrieb & Personal seinen Vortrag. Er betonte, dass die veränderten Bedürfnisse der Mitarbeiter sowie hausgemachte Probleme der Betriebe im Fokus stehen sollten.

Germann machte deutlich: "Wir haben 5 nach 12, nicht 5 vor 12." Es sei besonders wichtig, die Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen. Positive Botschaften steigern nach seiner Aussage die Sichtbarkeit und Bekanntheit und erhöhen die Attraktivität des Unternehmens. Die Bindung und Zufriedenheit der Mitarbeiter müsse so gestaltet werden, dass auch neue Mitarbeiter gerne im Betrieb bleiben möchten.

Neue Vermarktungswege

Neue Möglichkeiten, gärtnerische Waren zu vermarkten, sind stets in den Köpfen der Gärtnerinnen und Gärtner. So auch bei Josef Streicher von der Gärtnerei Streicher in Utting. Sein Thema: "Automatenvermarktung – Entspannt 24/7 Blumen kaufen". Er zeigte die Möglichkeiten der Blumenvermarktung mittels Automaten auf: Über die Gründe für einen Automaten, hin zur konkreten Umsetzung und der Kostenstruktur. In seinem mit Kühlung und Vasen ausgestatteten Automaten verkauft Josef Streicher verschieden große Sträuße und Gutscheine. Er rät: "Ihr müsst die Ersten sein! – nicht zu lange warten", um die Vorteile voll auszuschöpfen.

Innovative Schnittblumenproduktion: Nachhaltig durch den Winter

Christine Hartmann, Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), sprach über "Schnittblumen – cool produziert für regionale Vermarktungswege". Sie zeigte auf, wie Schnittblumen in der kalten Jahreszeit von Herbst bis Valentinstag im Gewächshaus kultiviert werden können, um den Kunden regionale, pflanzenschutzarme und umweltschonende Ware anbieten zu können. Somit lassen sich die arbeitsarmen Monate mit Kulturzeit füllen. Zudem bietet sich die Chance, neue Einnahmequellen zu generieren und teuren Handelswaren vorzubeugen.

Fazit

Die Fachtagung Gartenbau 2024 bot eine Plattform für den Austausch über zukunftsweisende Ideen und praktische Lösungen für die grüne Branche. Die Teilnehmer und Referenten nutzten die Gelegenheit für intensive Diskussionen und um zu netzwerken. Rainer Petzi schloss die Veranstaltung mit einem Dank an alle Beteiligten und unterstrich die Bedeutung der Tagung für die Weiterentwicklung des Gartenbaus.

Fachtagung 2023

Gartenbau – den Herausforderungen am Markt gewachsen

Gruppenfoto der Referentinnen und Referenten der Fachtagung Gartenbau 2023.
Unter dem Motto "Den Herausforderungen gewachsen" fand die Fachtagung der Abteilung Gartenbau des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Abensberg-Landshut und des Ehemaligenverband Schönbrunn-Weihenstephan e. V. heuer wieder in Präsenz statt. Rainer Petzi, stellvertretender Abteilungsleiter Gartenbau am AELF Abensberg-Landshut, begrüßte die zahlreich erschienenen Teilnehmenden erstmals in der Staatlichen Fachschule für Ökologische Agrarwirtschaft in Landshut-Schönbrunn. Er verwies in seiner Eröffnungsrede auf die vielfältigen Herausforderungen im Gartenbau, beispielsweise Corona, den Ukraine-Krieg samt Energiekrise und Teuerungen sowie den Fachkräftemangel inklusive Rückgang der Ausbildungszahlen in bestimmten Fachbereichen.

Auch Thomas Schneidawind, Vorsitzender des Ehemaligenverbands Schönbrunn-Weihenstephan e. V., ging in seinem Grußwort auf Letzteren ein, ebenso jedoch auf den stetigen Einsatz der Fachschulen in Schönbrunn gerade für den Zierpflanzenbau.

Pflanzenschutz – aktuelle Entwicklungen

Angesichts eines gegenwärtigen Zulassungsstaus, beziehungsweise des 2023 anstehenden Zulassungsendes vieler Pflanzenschutzmittel, begann Wolfgang Ahlvers vom Erzeugerring für Blumen und Zierpflanzen Bayern Süd e. V. seinen Vortrag mit einem Appell zu gründlicher Information über die jeweils verbleibende Zulassungsdauer der einzelnen Präparate vor der Kaufentscheidung. Ferner sei zu beachten, dass die zugelassene Anwendungshäufigkeit verschiedener Mittel mit demselben Wirkstoff teils deutlich variiert, was er am Beispiel von Paclobutrazol veranschaulichte.

Nach einem Überblick zu neuen Präparaten im Zierpflanzenbau wie Alginure Bio Schutz/Frutogard, Exalt und Enervin vermittelte der Referent Fakten zur „Sustainable Use Regulation“, einem Verordnungsentwurf der EU-Kommission zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dieser sieht - dann gemessen am Durchschnittsverbrauch der Jahre 2015 bis 2017 – bis 2030 eine Reduzierung chemischer Präparate um 50 % vor. Abschließend lieferte er einen Praxisbericht aus seiner Tätigkeit als Berater, indem er diverse Krankheitsbilder und Behandlungsmethoden bei Violen, Beet- und Balkonpflanzen sowie Poinsettien beschrieb.

Pflanzenstärkende Mittel auf dem Prüfstand

Christine Hartmann von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) legte die Versuchshistorie ihres Hauses im Sektor der pflanzenstärkenden Mittel dar. Sie stellte unter anderem ein dreijähriges Projekt mit Fokus auf nachhaltiger Zierpflanzenproduktion vor, das im Ergebnis eine Kombination verschiedener pflanzenstärkender Produkte als am zielführendsten erscheinen lässt. Effektive Mikroorganismen (EM) waren ebenfalls bereits Untersuchungsgegenstand an der LWG, so zum Beispiel im Rahmen eines Tastversuchs, bei dem das Wachstum von Beet- und Balkonpflanzen mit und ohne EM-Behandlung betrachtet wurde. In Bezug auf Echten Mehltau bleibe festzustellen, dass EM einen Befall durchaus verhindern können, wobei Letzterer genauso wie die Wirkung der EM sortenabhängig sei.

Folgende Botschaften gab Hartmann den Zuhörenden mit auf den Weg: Zum einen sei Pflanzenstärkung generell sinnvoll, da sie für qualitativ hochwertige Gewächse sorge und einen geringeren Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel erlaube; die bisherigen Versuchsergebnisse ließen jedoch noch keine eindeutigen Produktempfehlungen zu. Zum anderen erfolgte der Rat, pflanzenstärkende Mittel vor einem großflächigen Einsatz zu testen und möglichst eine Nullkontrolle in die Anwendung einzubeziehen. Den anschließenden Überblick über das Zertifizierungsverfahren für Biostimulanzien beendete die Rednerin mit der Hoffnung, dieses könne eventuell Struktur in den derzeit unübersichtlichen Markt an Mitteln bringen.

Gesund und kompakt – energiesparende Kultur im Freiland unter Vlies

Gabriele Muntenbruch, Inhaberin der Gärtnerei am Gegenbach in Breitenberg, stellte ihren Endverkaufsbetrieb vor, in dem sie unter anderem Gemüsejungpflanzen, Kräuter sowie Stauden produziert und dabei einen Schwerpunkt auf die Kultivierung im Freien legt. Damit eine solche zum Beispiel bei Lavandula, Salvia, Dianthus, Asteriscus, Verbena und Calendula im oft rauen Klima des Bayerischen Walds gelingt, arbeitet die Meisterin der Staudengärtnerei mit umfangreicher Ausstattung: Bändchengewebe, Genert- und Hübner-Lee-Platten, Federstahlstäbe und schweres Vlies kommen bei ihr zum Einsatz. Methodisch setzt sie auf durchlässiges Substrat sowie Überkopfberegnung. Sie betonte, dass für die Freiland-Kultivierung stets regionaltypische und betriebsindividuelle Faktoren eine Rolle spielen, konnte dem Publikum aber auch zahlreiche allgemeingültige Tipps geben: Von der Berücksichtigung der Witterung beim Verbringen der Pflanzen ins Freie über die Schattierung während des ersten Tages bis hin zu Art und Dauer der Verwendung des Vlieses.

Im Anschluss thematisierte Muntenbruch das Überwintern von beispielsweise Viola, Aubrieta und Sedum im ungeheizten Foliengewächshaus und hatte hier ebenfalls wertvolle Empfehlungen parat: So seien ausreichendes Lüften und angepasstes Gießen genauso wichtig wie eine Aufstellung „Topf an Topf“ und ein Rückschnitt bei Stauden. In ihrem Résumé zur Kultivierung im Freien sparte die seit 33 Jahren Selbstständige die Nachteile derselben nicht aus und nannte in diesem Zusammenhang unter anderem die hohen Kosten für die Ausstattung – welche jedoch durch die lange Haltbarkeit der Materialien relativiert würden – sowie den Zeitaufwand für den Transport und das Auf- und Zudecken der Pflanzen. Zugleich verdeutlichte sie, dass für sie die Vorteile der von ihr praktizierten Kultivierungsmethode überwiegen. Diese erlaube den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, erzeuge abgehärtete, transportstabile wie auch haltbare Pflanzen von kompaktem Wuchs und hoher Farbintensität und verfüge über einen geringen Energiebedarf – angesichts der derzeitigen Situation vielleicht wichtiger denn je.

Beet- und Balkonpflanzensaison 2023: Kultur- und Sortimentsmanagement

Eva-Maria Geiger, eine weitere Vertreterin der LWG, beleuchtete zunächst die Thematik der Kulturführung. Bei deren Planung gelte es eine Vielzahl an Punkten zu berücksichtigen, unter anderem Kultur- beziehungsweise Verkaufsbeginn, Arbeitskraftkapazität sowie Nachhaltigkeit. Sie gab die auf Versuchserfahrungen basierende Empfehlung, mit der Kultivierung wärmebedürftiger Kulturen spät zu beginnen, da so mehr natürliches Licht genutzt werden könne. Auf diese Weise lasse sich zügiges Pflanzenwachstum erreichen und gleichzeitig Energie einsparen. Als weiteren „Joker“ bezeichnete sie hier die Genetik mit ihrem maßgelblichen Einfluss auf die Pflanzengesundheit und Kulturdauer und somit den Energieverbrauch.

Forschungsschwerpunkte der LWG stellten laut Geiger im letzten Jahr nachhaltige Produktion, Klimawandel und torffreie Erden dar, zu denen sie jeweils die zentralen Erkenntnisse präsentierte. Biologischen Pflanzenschutz habe die Versuchsanstalt vorbeugend gegen Trauermücken und gegen Blattlausherde im Bestand angewandt; die offene Zucht zur Verhinderung von Blattlausbefall habe sich als anspruchsvoll erwiesen. Mit hoher Hitzestabilität hätten in Tests Pelargonien und Petunien ebenso gepunktet wie Calibrachoa und Salvia, welche außerdem stark von Insekten frequentiert würden. Im Hinblick auf die Verwendung torffreier Erden stellte der Rednerin zufolge der massive Gießwasserverlust von 38 - 44 % das Hauptproblem dar, weswegen sie mit dem eindringlichen Appell endete, beim Verkauf dieser Erden stets auch Gefäße mit Wasserspeicher im Sortiment zu führen.

Torfausstieg bis 2030 – Wunschvorstellung oder realistisches Szenario?

Das Thema Torf stand auch im Zentrum des letzten Vortrags der Tagung. Dr. Dieter Lohr von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf erläuterte zunächst das Klimaschutzprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 sowie die Torfminderungsstrategie der Bundesregierung. Es folgte die Beschreibung des gegenwärtigen Zustands, wonach unter anderem 75 - 80 % der Kultursubstrate und 48 % der Blumenerden Weiß- oder Schwarztorf enthalten. Als derzeit wesentliche Ersatzstoffe erachtete der Referent Grüngutkompost und Holzfasern. Für Letztere sieht er jedoch auch mögliche künftige Probleme hinsichtlich Beschaffung und Stickstoffimmobilisierung infolge des forcierten Waldumbaus als Reaktion auf den Klimawandel.

Der Experte präsentierte ergänzend mit Nieder- und Hochmoor-Paludikulturbiomasse sowie kompostierten Biogasgärresten weitere Ersatzstoffquellen und benannte hierbei jeweils Potential wie Schwierigkeiten. Mit der Vorstellung von „FiniTo“, einem neuen Verbundprojekt zur Gewinnung von Fachinformationen für Gartenbaubetriebe hinsichtlich der Umstellung auf torffreie und -reduzierte Kultursubstrate, fand Lohrs Beitrag und somit auch die Fachtagung einen gelungenen Abschluss.